Tag 12
31. August 2024: Good morning Whitefishbay! Bis Mitternacht habe ich immer wieder Bilder und Nachrichten von den amerikanischen Eltern geschickt bekommen, was sie mit ihren Gästen bereits alles gemacht haben. Es ist sehr schön zu sehen, dass sich fast alle auf dieses Experiment einlassen und so neugierig sind in eine für sie fremde Kultur einzutauchen. Dass es hierbei auch ungewohnte Situationen und Herausforderungen gibt ist selbstverständlich, immerhin ist die Kultur und Mentalität nicht die gleiche wie zu Hause. Die Gasteltern sind vor allem davon überrascht, dass den deutschen Schülern Walmart so gut gefällt 😊 – ich ehrlich gesagt auch. Irgendwann lege auch ich das Handy beiseite und lege mich hin, bevor mich die ersten Sonnenstrahlen des Sonntags wecken. Die Wettervorhersage sagt laut Handydisplay wieder traumhafte Temperaturen für den heutigen Tag voraus, so dass es uns wohl alle aus den Wohnungen und Häusern ziehen wird. Ich weiß, dass viele Schüler in einen Freizeitpark fahren werden mit Rollercoastern und vielen anderen Fahrgeschäften. Ich werde die Zeit heute nutzen, um endlich Mal wieder aufs Rennrad zu steigen und mit John, Herrn Wagners Sohn, eine längere Ausfahrt zu machen. Wir haben bereits letztes Jahr zu dritt in den frühen Morgenstunden die Radwege in Glendale und Umgebung unsicher gemacht und dabei einen Heidenspaß gehabt. Frau Steflbauer fährt hingegen mit ihrer Gastgeberin am Vormittag aufs Land. Dort engagiert sie sich bei einer solidarischen Landwirtschaft. Unkraut jäten, Pflanzen gießen … Man kann seinen Pflanzen beim wachsen zu sehen, wird bei der Ernte beteiligt und kann das selbst geerntete Gemüse frisch verkochen. Hier arbeiteten auch viele Hmong people, wie wir sie auf dem Farmer‘s Market gestern in Madison gesehen haben. In den 1970er Jahren, nach dem Vietnamkrieg, wo die Hmong als Verbündete gegen den Vietcong gekämpft hatten, suchten viele Flüchtlinge aus Laos Zuflucht in den Vereinigten Staaten. Wisconsin, damals bekannt für seine freundliche und aufgeschlossene Gemeinschaft, wurde zu einem der Hauptziele für diese neue Einwanderergruppe. Hier bekamen sie von der US-Regierung Asyl, einen Sack Salz und ein Stück Land, dass sie oftmals bewirtschafteten. Wie alle Einwanderer brachten sie ihre Kultur und Traditionen mit, die sie trotz der Herausforderungen der Anpassung an ein neues Leben in Amerika bis heute bewahren. Sie gründeten auch Gemeinschaftszentren, in denen sie traditionelle Feste am Leben halten, wie das Hmong Neujahrsfest und sie geben ihre Sprache und Bräuche an die jüngeren Generationen weiter.
Die angenehmen
Morgenstunden nutze ich für einen Marktbesuch in unmittelbarer Umgebung zu
meinem Wohnort in Whitefishbay. Hier bieten lokale Händler und auch
Privatpersonen ihre selbstgemachten Waren an: Pilze in allen Varianten
(Birkenpilze, Enoki, Austernpilze, Lemon-Mushroom …), selbstgemachtes Gebäck,
Saucen und Relishes, Obst und Gemüse aus eigenem, meist ökologischem Anbau und
natürlich stehen auch ein paar Food-Trucks in der Marktreihe. Im Hintergrund
spielt ein junger Musiker amerikanische Folkmusik und neben dem Weg sitzen die
Besucher auf den Bordsteinen oder auf Parkbänken und genießen neben den
Sonnenstrahlen auch die Köstlichkeiten. Ich habe mir einen
Peanutbutter-Marshallow Cookie und frischen Kaffee gekauft und das Frühstück
außer Haus verlegt. Zu meiner Überraschung treffe ich hier sogar zwei mir bekannte Menschen: John und seine Frau Courtney. Die Leute sind wie auf unserer
gesamten Reise sehr offen und freundlich und ich komme mit anderen Amerikanern
ins Gespräch. Sie können es teils gar nicht glauben, dass ich ausgerechnet aus Deutschland
hier auf den Farmer’s Market gekommen bin. Danach gibt es noch einige Dinge im
Hintergrund zu regeln, so dass ich meine Fahrradausfahrt zunächst auf die
Nachmittagsstunden verschiebe und letztendlich ausfallen lasse – heute jedenfalls.
Allerdings habe ich morgen früh gleich das nächste Bike-Date – und das werde
ich unter keinen Umständen ausfallen lassen, denn wir werden zu zehnt nach
Milwaukee Downtown fahren und dabei einige Meilen zurücklegen. Das ist so ganz
nach meinem Geschmack. Außerdem werden schon wieder fleißig Bilder gepostet: Ponton
Bootstour mitten in Milwaukee, Besuche verschiedenster Freizeitparks (Bay Beach und Noah’s Ark), Spaß haben im Wasserpark, Shopping Center, einem Kunst-Museen und sogar im Zoo von MWK.
Am späten Nachmittag beginnen Courtney, John und Yvonne mit den Abendessenvorbereitungen. Es riecht alles wunderbar und stammt vom Bauernmarkt, den ich in der Früh noch besucht habe. Das am Abend servierte Steak ist wohl das Beste, das ich seit vielen Jahren gegessen habe. Da es Sous Vide gegart wird, bevor es noch von der Flamme geküsst wird, bleibt genügend Zeit das Rad für morgen auf Vordermann zu bringen und mehrere Runden Bags zu spielen, das wir in der Auffahrt aufbauen. Beim Spiel versuchen zwei Teams kleine mit Bohnen gefüllt Säckchen in ein Loch auf einer schrägen Fläche zu werfen. Wer sein Quadrat direkt einlochen kann scort 3 Punkte, wessen Bean-Bag auf der Fläche liegen bleibt immerhin noch einen Punkt. Zudem unterhalten wir uns mit Marks australischem Nachbarn und spielen nach dem üppigen Abendessen, zu dem wir auch noch NY-Cheesecake verputzt haben, mehrere Partien Tischtennis im Keller.
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